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Reiseberichte
von Klaus Bölling und Renate Rüthlein
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[Kerala 2004 - Seite 8/39]

klingelte und irgendwann kam AM - der natürlich auch kein Geld in der Tasche hatte. Also rannte ich ins Haus, die Treppe hoch, und mit zehn Rupien in der Hand wieder zum Tor. Da wir uns bei PM über Rikscha-Preise informiert hatten, wussten wir, dass eine Fahrt innerhalb eines Ortes acht Rupien kostete. Im Vorbeilaufen hatte PM mir noch zugerufen, dass ich dem Fahrer zehn Rupien (siebzehn Cents) geben solle, das würde er neuerdings auch machen, wegen der Benzinpreiserhöhung.)

Besuch aus Europa und Afrika
KB: Gegen Mittag standen zwei junge Frauen und ein junger Mann auf der Terrasse. Die Frauen kamen aus Schweden und studierten in Calicut für ein Auslandssemester Ozeanografie. Der junge Mann stammte aus Zimbabwe und studierte das Keralische System der kommunalen Selbstverwaltung (People’s Plan), um herauszufinden, ob es auf andere Länder der Dritten Welt, insbesondere seine Heimat Zimbabwe, übertragen werden konnte. Die Drei hatten von dem Haus, das architektonisch und kulturhistorisch interessant und typisch für Kerala war, gehört und, da es von einem Europäer bewohnt wurde, sich zu einem Besuch angemeldet. Wir schlossen uns der Führung durchs Haus an und erfuhren unter anderem, dass in einem muffig riechenden, dämmrigen Raum in einem noch nicht renovierten Teil des Gebäudes früher die Frauen des Hauses, wenn sie ihre Periode hatten oder die erste Zeit nach einer Geburt, wenn sie nach Hinduglauben unrein waren, eingesperrt leben mußten. AM meinte bei einer späteren Gelegenheit, der Raum dünste heute noch den Geruch von Menstruationsblut aus...

Bei der Besichtigung des Pools erfuhr PM von einer der Schwedinnen, dass es eine bestimmte Fischsorte gebe, die die Algen, die ihm das Genießen des Pools erschwerten, fressen würden. Man beschloß, diesbezüglich in Verbindung zu bleiben. Schön war der Anblick eines Vogels mit leuchtend blauen Schwanzfedern, der unbeweglich am Rand des Pools stand. Nach ihm war eine Biersorte benannt: Kingfisher.

Lunch in Trichur
Das Restaurant „Saphire“, lag in einer Nebenstraße. Es war ein recht einfaches Lokal, das aber immer gut besucht war von Angehörigen der Mittelschicht, woraus man, laut PM, schließen konnte, dass das Essen einwandfrei war und immer frisch und unter annehmbaren hygienischen Bedingungen zubereitet wurde. AM und PM hatten dieses Lokal genügend ausgetestet, um europäische Besucher dorthin führen zu können. Es gab Reis mit gebratenem Huhn und einem im Reis versteckten gekochten Ei, sowie diverse Gemüse und Soßen. Gut gewürzt, nicht zu scharf, eine Abwechslung nach der vegetarischen Kost in Nalukkettu. Die automatisch gebrachten Gläser mit Wasser lehnten wir ab, bestellten dafür zwei große Flaschen lauwarmes Mineralwasser, und ich paßte höllisch auf, dass die Versiegelungsringe beim Öffnen der Flasche ordentlich knackten und knirschten. Als Europäer bekamen wir Gabeln hingelegt, doch natürlich aßen wir mit den Fingern. Die komplette Mahlzeit für vier Personen kostete mit Trinkgeld zweihundertzehn Rupien (knapp vier Euro). Als wir zum Waschtrog gingen, um die Hände zu waschen, sahen wir, dass in dem ein paar Stufen höher gelegenen hinteren Raum Kabinen für Ladies und
Families abgeteilt waren, unten saßen überwiegend
Männer.

Von Elefanten und Kakerlaken
KB: Am hinteren Seitenfenster des Landrovers saß eine dicke Cockroach. PM bestätigte, dass es, wie in Australien, auch hier Kakerlaken gab, die fliegen konnten. Er erzählte, dass es im Haus, als sie es gekauft hatten, von diesen Viechern gewimmelt hatte. Es hatte zäher Kämpfe und strikter Sauberkeit bedurft, um sie los zu werden.

Heute sahen wir, da keine Menschenmassen die Sicht verwehrten, hier und da Obdachlose vor heruntergelassenen eisernen Rolläden liegen und schlafen. Unterwegs hüpfte AM in das Indian Coffee House auf dem Round und kaufte für dreißig Rupien ein halbes Pfund besten indischen Kaffee, den RR zur Teatime als türkischen Mokka zubereitete.

Auf der Landstraße begegneten wir einem Elefanten, der einen riesigen Stapel Palmzweige transportierte. Zwei Männer führten das gewaltige Tier, einer saß oben, der andere ging neben ihm. Der Elefant vom Holzplatz des Sägewerks durfte, da heute Sonntag war, in einem kleinen Tümpel auf der anderen Straßenseite baden. Außerdem sahen wir ein Moped, das vier Leute transportierte.

Da wo sich die Landschaft zu einem Reisfeld auf beiden Seiten der Straße öffnete, sahen wir einen Mann am Straßenrand sitzen, der auf einem Tuch vor sich ein paar Sonnenbrillen ausgebreitet hatte, die er mit fatalistischem Gesichtsausdruck offensichtlich zum Kauf anbot. Wir fragten uns, warum ausgerechnet an einer Stelle der Straße, wo der Randstreifen so schmal war, dass kaum Menschen dort zu gehen wagten und jeder Halteversuch eines Autos eine Massenkarambolage verursacht hätte... Im Übrigen stellten wir fest, dass die Augen sich allmählich an die Szenerie gewöhnt hatten. Nur der Anblick eines Elefanten, der von einem dröhnenden Bus überholt wurde, wirkte noch exotisch.

Träumerei
Zum Dinner gab es frische Papayas und Mangos. Köstlich. Um sieben Uhr saßen wir auf der Terrasse und lauschten dem Konzert der Zikaden. Ich träumte von Spaghetti mit Parmesankäse, von Tomatensalat mit Basilikum und reifem Camembert mit knusprigem Baguette.

Die Afrikanerin
RR: Ich bin mit AM in der Küche, und er fragt mich, ob ich einen Fisch füttern will. Ich starre ihn fragend an. Er grinst, nimmt ein paar Kekse und winkt mich zum Fenster. Vor diesem befindet sich ein Brunnen, aus dem früher das Wasser über eine noch vorhandene hölzerne Rolle in Eimern hochgezogen wurde. Er bricht die Kekse klein und wirft sie ins Wasser. Nach kurzer Zeit kommt ein Fisch an die Oberfläche, nach meinen Fisch-Kenntnissen eindeutig ein Wels. Ich frage AM, was das für ein Fisch ist und erfahre: African-Muschi. Er heißt Jacob und ist zwei Jahre alt. Einen Moment überlege ich, ob ich AM meine Assoziationen mitteilen soll, lache dann aber nur. Draußen erzähle ich KB, dass ich eben eine African-Muschi gesehen hätte. Höchst interessiert kommt die Gegenfrage: Wo gibt’s denn hier eine Afrikanerin?

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