deutsche Version

manasvi.com/manasvi.de
Reiseberichte
von Klaus Bölling und Renate Rüthlein
©
Webmail
Rechtshinweis
Feedback
 
 

Relzow, Rügen, September 2003

ein Reisebericht

1
2
3
4
5
6
7

SA, 6.9.03.
Vormittags machen wir mit Do einen ausgedehnten Spaziergang in Richtung Peenemoor. An langer Leine ist Lowis dabei. Ronja ist zu alt. Sie kann sich nur noch auf dem Gelände der Schulwiese bewegen. Katerchen Ohaijo trippelt hinter uns her. Als wir schon außer Sichtweite der Schulwiese sind, erwarten wir, dass er umdreht. Doch Fehlanzeige, er folgt uns unverdrossen. Und es sind nicht die einfachsten Wege, die Do uns führt. Sie war längere Zeit nicht mehr hier gewesen und viele Pfade sind inzwischen so zugewachsen, dass wir eine Machete gebrauchen könnten. Manchmal, wenn es gar zu wild wird, müssen wir den kleinen Kerl kurz auf den Arm nehmen, was er sich wohlig schnurrend gefallen läßt (RR: Insgeheim lacht er sich schepp über sein komfortables Taxi, er kommt nämlich viel besser durchs Gestrüpp als wir!). Pilze gibt es leider keine, dafür sehen wir eine Blindschleiche, die aus einem morschen Baumstumpf züngelt. Ehe wir am Rand des Urstromtals der Peene, auf dessen gegenüberliegender Seite das Moor beginnt, ankommen, müssen wir eine freundliche Lichtung, mit niedrigem Buschwerk und Heidekraut bewachsen, überqueren. Do erzählt uns die Geschichte, wie sie hier einem Wildschwein begegnet war. Ich mustere währenddessen verstohlen die Umgebung. Sie hatte - damals noch mit beiden Hunden - einen Spaziergang gemacht. Vor einem niedrigen Gebüsch hatten die Hunde angeschlagen und verrückt gespielt. Nichtsahnend hatte sich Doris dem Gebüsch genähert, um nachzusehen, was es dort gab. Ehe sie überhaupt realisieren konnte, was los war, stürzte sich eine riesige Wildsau, die dort in einer Kuhle ihre Kinder hütete, auf sie und warf sie zu Boden. Ein Arm war wie gelähmt von dem Sturz, und es hätte schlimm ausgehen können, wäre die Bache nicht für einen kurzen Augenblick von den beiden tobenden Hunden abgelenkt gewesen. Ehe das Tier sich entscheiden konnte, wer von den Dreien der Feind war, gelang es Do, die Flucht zu ergreifen. Wir sind beruhigt, als sie uns versichert, dass um diese Jahreszeit keine Wildschweine mehr mit ihrer Brut irgendwo, wo man aus Versehen drauftreten könnte, herumliegen. Die gefährlichsten Tiere auf dem Rückweg sind dann auch nur Schmetterlinge und eine Mücke. Auf der Schulwiese angekommen, legt sich Kater Ohaijo platt auf den Bauch, streckt alle Viere von sich und wird ein paar Stunden lang nicht mehr gesehen.

Nachmittags bekommen wir von Do jeder eine Stunde Reiki und sind danach topfit für das Abendessen, zu dem Lotti und Georg eingeladen sind. Lotti, bürgerlich Charlotte, ist eine attraktive, in enge, cremefarbene Reithosen und schwarze Reitstiefel verpackte, dezent angemalte junge Frau mit reizendem Lächeln und goldenem Haar. Obwohl ihr kumpelhaftes, die Verwirklichung aller erotischen Utopien verheißendes Auftreten eher ein Bedürfnis nach Distanz betont, beginnen in ihrer Gegenwart männliche Hormonspiegel zu blubbern. Wir vermuten, daß sich hinter ihrem charmant frivolen Gebaren ein verletzbares kleines Mädchen verbirgt, das auf aggressive Weise den Vamp raushängen läßt, um letztendlich in Ruhe gelassen zu werden. Ehemann Georg sagt nicht viel, aber wir haben das Gefühl, dass es ihm ein wenig peinlich ist, wenn seine extrovertierte Lotti, wie ein Täubchen gurrend, unserem PP fast auf den Schoß kriecht. Als es uns mit vereinten Kräften gelungen ist, ihren mit allerliebster Lebhaftigkeit geäußerten Vorschlag abzubügeln, nach dem Essen irgendein dämliches Gesellschaftspiel zu spielen, wird sie etwas ruhiger und der Rest des Abends verläuft recht angenehm. Da Lotti und Georg sich bald verabschieden und alle Schulwiesenbewohner von den Alkohol- und Nikotinexzessen der letzten Abende ziemlich ermattet sind, liegen sie alle auch relativ früh im Bett.

Nachmittags bekommen wir von Do jeder eine Stunde Reiki und sind danach topfit für das Abendessen, zu dem Lotti und Georg eingeladen sind. Lotti, bürgerlich Charlotte, ist eine attraktive, in enge, cremefarbene Reithosen und schwarze Reitstiefel verpackte, dezent angemalte junge Frau mit reizendem Lächeln und goldenem Haar. Obwohl ihr kumpelhaftes, die Verwirklichung aller erotischen Utopien verheißendes Auftreten eher ein Bedürfnis nach Distanz betont, beginnen in ihrer Gegenwart männliche Hormonspiegel zu blubbern. Wir vermuten, daß sich hinter ihrem charmant frivolen Gebaren ein verletzbares kleines Mädchen verbirgt, das auf aggressive Weise den Vamp raushängen läßt, um letztendlich in Ruhe gelassen zu werden. Ehemann Georg sagt nicht viel, aber wir haben das Gefühl, dass es ihm ein wenig peinlich ist, wenn seine extrovertierte Lotti, wie ein Täubchen gurrend, unserem PP fast auf den Schoß kriecht. Als es uns mit vereinten Kräften gelungen ist, ihren mit allerliebster Lebhaftigkeit geäußerten Vorschlag abzubügeln, nach dem Essen irgendein dämliches Gesellschaftspiel zu spielen, wird sie etwas ruhiger und der Rest des Abends verläuft recht angenehm. Da Lotti und Georg sich bald verabschieden und alle Schulwiesenbewohner von den Alkohol- und Nikotinexzessen der letzten Abende ziemlich ermattet sind, liegen sie alle auch relativ früh im Bett.

SO 7.9.03. Wir hatten den Tipp bekommen, nicht bei Stralsund über den Rügendamm zu fahren, den wir sowieso in schlechter Erinnerung hatten, sondern mit der Autofähre von Stahlbrode nach Glewitz auf Rügen überzusetzen. Für 5,40 € haben wir in einer Viertelstunde den Strelasund überquert und sind auf Rügen. In unsere Richtung ist kaum Verkehr, dafür aber reger Rückreiseverkehr zum Festland. Über Garz, Putbus, an Binz und Göhren vorbei fahren wir auf der alten Bäderstraße bis zum südlichsten Zipfel der Insel. Dort liegt der kleine Badeort Thiessow auf der Mönchgut-Halbinsel zwischen Meer und Bodden. Den Tipp mit der Camping-Oase Thiessow hatte uns RR’s Kollege Thomas gegeben. Es ist 14 Uhr. Da auch hier die Schranke unten und die Rezeption bis 15 Uhr geschlossen ist, haben wir Zeit, den Platz zu Fuß zu erkunden und uns einen Stellplatz auszusuchen. Unsere Wahl fällt auf 70k, k für klein. Nahe bei den Sanitäranlagen und nicht zu nah an der Straße, die parallel zum langgestreckten Platz verläuft. Nachdem wir durch eine nur angelehnte Tür im Maschendrahtzaun geschlüpft sind und die Straße überquert haben, geht es zweihundert Meter durch ein Kiefernwäldchen, und wir sind an der Ostsee. Sehr schön. Wir sind zufrieden. Etwas besseres werden wir kaum finden. Sechs bis sieben Kilometer Strand müssten uns reichen. Auch ein Probeliegen im puderzuckerfeinen Sand verläuft zufriedenstellend. Nachdem wir uns in der Rezeption angemeldet haben, bauen wir das Iglu auf. Diesmal haben wir, wie letztes Jahr in Holland beschlossen, einen zweiten Tisch mitgenommen für Gasherd und Geschirr etc., Spitze! Auch der neue Opel hat einige Extras, die beim Campen sehr hilfreich sind. Nach einer halben Stunde sitzen wir also vollauf zufrieden vor unserer Hütte und schauen uns um.

Zur Linken ein junges Pärchen mit Iglu, laut KFZ-Kennzeichen aus Baden-Baden. Als wir mit Aufbauen fast fertig sind, fragt das Mädel ganz aufgeregt, ob unser Iglu auch von ALDI sei, etwas weiter weg stände noch eins. Wir freuen uns wirklich, dass drei Iglus von ALDI auf einem Haufen stehen. Zur Rechten die Antithese: Gewaltige Caravan-Burg mit Satellitenschüssel. Ossis aus Neustrelitz. Daneben ein uraltes Caravan-Ehepaar, das hinter einem imaginären Jägerzaun und unsichtbaren Tüllgardinen lebt. Auf dem Behindertenplatz vor den Sanitäranlagen ein holländischer Caravan. Ein Ehepaar um die Siebzig. Sie ist auf Rollstuhl und Gehhilfe angewiesen. Die Sanitäranlagen sind im Prinzip OK. Nur sind die Duschkabinen für einen Vier-Sterne-Platz zu eng. Zu wenige Ablagen. Zu wenige Haken. Man muss den Vorraum, wo Haken an der Wand sind und eine Bank steht, mit einbeziehen, finde ich später raus. Es geht also, auch wenn FKK vor Männerwaschtrögen nicht mein Fall ist. Immerhin haben die Duschkabinen Türen. Leider gibt es keine separaten Waschkabinen. Für Zahnprothesenträger ist das etwas unangenehm.

RR: Für Damen gibt es eine Auswahl von sechs geräumigen Waschkabinen, wo ich ausgiebig meine Zähnchen putzen kann. Bis auf eine einzige Dusche, die per Hand regulierbar und dementsprechend begehrt ist, muss frau bei den anderen Duschen alle fünf Sekunden neu drücken oder - falls vorhanden - sich mit einem stabilen Rücken dagegen pressen.

KB: Wir machen einen Spaziergang zum kleinen Hafen, wo ein paar Segel- und Fischerboote liegen. Es ist die Jahreszeit, wo man in den Boddengewässern Zander fängt. Eine Fischräucherei gibt es auch. Es wird uns also an nichts fehlen. Ehe wir uns in unser Wohnzimmer unter freiem Himmel zurückziehen, machen wir noch eine Erkundungspromenade über die gepflasterte Hauptstraße des Platzes. Ein oder zwei Kilometer Kleinstadt-Einöde. Fast alles Leben hat sich hinter die schalldichten Styroporwände der Caravans zurückgezogen und auf Automatik umgestellt. Man läßt sich leben - via Satellitenschüssel. Nur wir armen Iglu-Schweine sind dazu verdammt, einsam und warm eingepackt unter einem funkelnden Sternenhimmel zu sitzen und Rotwein trinkend in die sich dunkel gegen den Nachthimmel abzeichnenden Kronen der Kiefern zu schauen, durch die, stellvertretend für den Mond, heute eine strahlende Venus leuchtet. Die Iglunachbarn haben ein paar Fackeln in den Boden gesteckt und spielen Schach. Danach zupft er noch ein bißchen auf der Gitarre, ich putze mir auf der Mundharmonika musikalisch die Zähne, und dann ist es auch schon Zeit, ins Iglu zu kriechen. Gegen elf Uhr messen wir 16 Grad.

MO 8.9.03. Morgens gegen halb Sieben beginnt auf der Straße ein mäßiger Berufsverkehr. Während ich das Frühstück vorbereite, leistet mir die eine oder andere ausgehungerte Mücke Gesellschaft, was ich tapfer zu ignorieren versuche. Mücke am Morgen kann ja nicht sein! Um den Biestern zu entkommen, wandern wir zum leeren, kühlen Strand und spielen eine Runde Boule. Als wir zurückkommen, sind die Iglu-Nachbarn abgereist. Mittags messen wir 26 Grad im Schatten, ohne Wind wird uns in der Sonne zu heiß.

Aus der Ferne hatten wir gestern Abend so etwas wie das Logo eines SPAR-Ladens in Thiessow gesehen. Unser scharfes Auge hat uns nicht getrogen. Klein und fein, mit verschrumpeltem Gemüse vor der Tür, steht er in der Landschaft. Der Brottheke gegenüber gibt es sogar einen Postschalter. Ansonsten das übliche Sortiment und Preise, die nicht unbedingt ermuntern, etwas in den Einkaufskorb zu packen. Wir kaufen eine Ostseezeitung und ein bißchen Kuchen. Die Zeitung vergesse ich auf der Kuchentheke. Mit dem Kuchen hätte ich das auch machen sollen.

Am späten Nachmittag wandern wir am Strand in Richtung Süden. Auf der Höhe von Thiessow gibt es ein paar hundert Meter offiziellen Strand mit DLRG-Posten und Strandkörben. Charmant verstaubte Sommerfrische. Kur- und Badebetrieb im Bonsai-Format. Nachdem wir am Südperd, wo der Strand fast im rechten Winkel nach Westen hin abbiegt, ein kleines Wäldchen, in dem es nach Moder und Fäkalien riecht, durchquert haben und an einem übermannshohen Wall aus Findlingen, in dessen Zwischenräumen die Ostsee gurgelte, entlang geschlichen sind, gelangen wir an einen Naturstrand am sogenannten Thiessower Haken. Es ist der südlichste Teil der Mönchguthalbinsel, die, hakenförmig gekrümmt, weit in den Greifswalder Bodden hineinragt. Wir begegnen nur wenigen Menschen in diesem Teil des Biosphärenreservats. Der Strand, der hier im Schatten einer mittelhohen Steilküste liegt, ist nicht breit und teilweise bis zur Wasserlinie mit Gräsern bewachsen. Außerdem schwappt eine trübe Tangbrühe ans Ufer. Wer’s einsam und naturrein bzw. -unrein liebt, ist hier richtig. Da Himmel und Meer immer dunkler werden und es nach Regen aussieht, machen wir uns auf den Heimweg nach 70k, wo neue Nachbarn angekommen sind, junge Leute aus RT, die wohl mit Papas Caravan unterwegs sind. Sollte der Wind auf West drehen, sind wir jetzt geschützt.

1
2
3
4
5
6
7
© Klaus Bölling, Frankfurt 2003
 
Unsere Linkempfehlung: Reisespinne
 

separation

Copyright © 2002-2007. Alle Rechte vorbehalten.
WebDesign & WebHosting: nalukkettu consulting

manasvi.de